Herzlich willkommen am Adam-Kraft-Gymnasium

Spiel der Macht im Blauen Theater des AKG

Das Mittelstufentheater des Adam-Kraft-Gymnasiums hat sich an eine sehr freie Adaption der Roman-Trilogie „Die Tribute von Panem“ gewagt und konnte mit einer dystopischen, medienkritischen Inszenierung überzeugen. Wie einen Bestseller, der bereits verfilmt wurde, im Schultheater umsetzen? Geht das überhaupt? Den Film einfach nachzuspielen, kann nur scheitern. Die Vorlage muss also frei adaptiert werden, es muss ein eigener Schwerpunkt gefunden und die Geschichte gründlich umgearbeitet werden. Dass dies sehr gut funktionieren kann, bewies das Mittelstufentheater des Adam-Kraft-Gymnasiums unter der Leitung von Johannes Möhler. Die Gruppe mit 23 Schülerinnen und Schülern der 7. bis 9. Klasse wählte zu Beginn des Schuljahres die Bestseller-Trilogie „Die Tribute von Panem“ von Suzanne Collins. Die Autorin hat mit diesem Werk eine dystopische Welt erschaffen, in der die Diktatur Panem mit dem Kapitol im Zentrum dreizehn andere Distrikte dominiert und unterdrückt. Ein Aufstand gegen das Kapitol ist gewaltsam niedergeschlagen worden. Seitdem müssen die Distrikte menschliche Tribute stellen, die in den sogenannten Hungerspielen gegeneinander antreten. Zum Vergnügen der Zuschauer des Kapitols und als Zeichen dessen Macht kämpfen die Tribute gegeneinander, bis am Ende nur einer überleben wird. Die beteiligten Schüler sahen neben der spannenden Geschichte vor allem die Aspekte der Unterdrückung und der oftmals zynischen Medienlogiken als besonders reizvoll an, weshalb sie diese in den Fokus ihrer Inszenierung rückten. Die Medien in Panem, die die Spiele übertragen, haben jegliche Moral und Ethik zugunsten von purer Unterhaltung, die auf der Erniedrigung der Tribute basiert, eingetauscht. Auch die Werbeindustrie funktioniert ähnlich zynisch, wenn für Messer geworben wird, mit denen kurz zuvor in den Hungerspielen ein Tribut getötet worden ist. Ein geschickter Kniff der Inszenierung ist, dass das Saalpublikum im Blauen Theater zu Bewohnern des Kapitols wird, das sich die Hungerspiele anschaut. Es wird zum Applaus animiert, wird Teil der zynischen Maschinerie und kann sich dem kaum entziehen. Währenddessen beeindrucken die Spielerinnen und Spieler auf der Bühne, indem sie mit viel Kraft und Präsenz die Show inszenieren. Kommentatorinnen sprechen arrogant und besserwisserisch über das Geschehen in der Arena, über die Gewalt, über die Morde, als wäre dies ein triviales Sportereignis. In der Arena kämpfen die Tribute ums Überleben, manche grimmig brutal, andere überfordert, wieder andere suchen ihr Heil in der Gruppenbildung. Eine Gruppe versucht gar, einen Pakt zu schließen, dass sie sich nicht töten werden, um so die Hungerspiele ins Leere laufen zu lassen. Damit stellt die Theatergruppe weitere wichtige Fragen: Hält Freundschaft ein solch brutales, zynisches Spiel aus? Und kann man sich gegen eine menschenverachtende Diktatur auflehnen? Den Wunsch des einen oder anderen Zuschauers nach einem Happy End erfüllt die stark aufspielende Gruppe nicht. Die Inszenierung ist kompakt, die Wechsel zwischen blinkender Show, düsteren Szenen in der Arena, Schaltungen in die Distrikte, in der keine freie Meinungsäußerung möglich ist, und übertrieben fröhlicher Werbung sind rasant. Auch die drei Techniker arbeiteten dabei sehr akkurat und mit gutem Gespür für die Stimmung einer Szene. Das Publikum belohnte diese intensive Inszenierung mit langem Applaus – jetzt wieder ganz frei als Zuschauer im Blauen Theater und nicht länger als unfreiwilliges Publikum einer menschenverachtenden Show. Text: Ingrid Bentivoglio Fotos: Johannes Möhler

Schwarz und Weiß im Blauen Theater

Das Schachbrett zum Leben erweckt Auf einem Passagierschiff, wo das königliche Spiel den Reisenden (Lina Schmied u.a.) zur Unterhaltung dient, wird das Publikum Zeuge eines fesselnden Duells: Ein echter Star, nämlich der amtierende Schachweltmeister Czentovic, befindet sich an Bord und lässt sich zu Schaukämpfen von dem arroganten McConnor (überzeugend gespielt von Lara Schenker) überreden. Im Zentrum des Stücks jedoch steht Dr. B., ein Mitreisender, der mit diesem Spiel weitaus mehr als bloße Freizeitbeschäftigung verknüpft. Ihm hat das Spiel einst das Leben gerettet und ihn gleichzeitig fast um den Verstand gebracht. Hier an Bord entbrennt sein innerer Kampf aufs Neue. Dr. B. und Czentovic treffen aufeinander. Schwarz gegen Weiß. Amateur gegen Weltmeister. Es kommt zum Showdown, wobei Dr. B. nicht nur gegen seinen Gegner, sondern auch gegen die Dämonen seiner Erinnerung kämpft. Wer ist dieser Dr. B.? Dr. B. berichtet der Erzählerin (einfühlsam dargestellt von Bianca Götz) von den furchtbaren Erlebnissen, auf denen seine eigenen Schachkenntnisse beruhen: Er befand sich lange Zeit in Isolationshaft – von der Außenwelt abgeschottet, ganz allein mit sich und seinen Gedanken. Dass man dabei langsam wahnsinnig wird, ist verständlich. Pantomimische Einlagen geben diesen Erinnerungen Leben und zeichnen das Bild eines Mannes, dessen Verstand an der Schwelle zum Wahnsinn tanzt – mal zitternd, mal hoffnungsvoll, aber immer gefangen im emotionalen Wirrwarr seiner Seele. Der Zuhörer spürt das Abdriften, kann die erlebten Schrecken erahnen und nachempfinden. Das geht unter die Haut. „Ich litt unter Schachfieber, ich lebte Schach, ich träumte Schach, ich war Schach.“ Die Szene, in der Dr. B. aus dem Mantel eines Wächters (einschüchternd gespielt von Gioia Guerra, Julia Wehl, Lilli Jerichow) ein Buch stehlen kann – ein Buch, das die Züge der besten Schachspiele nachzeichnet – symbolisiert den Funken im Dunkel: Schach als Rettung und Fluch. „Ich litt unter Schachfieber, ich lebte Schach, ich träumte Schach, ich war Schach“, so Dr. B. Er beginnt, sich geradezu obsessiv mit den geschilderten Partien zu beschäftigen und spielt gedanklich gegen sich selbst – ist so stets Gewinner und Verlierer zugleich. Anfangs gelingt es ihm durch das Nachspielen der Partien, die Isolation und die zermürbenden Verhöre zu überstehen. Seine Fähigkeit, im Geiste gegen sich selbst zu anzutreten, erreicht jedoch schizophrene Ausmaße, er ist schließlich dem Wahnsinn nahe. Neun jugendliche Schauspieler (intensiv und mit großer Liebe zum mimischen Detail: Annie Krüsmann, Fabian Kotzbauer, Franziska Deyerling, Helena Kaufmann, Helene Deilke, Kaja Pinsker, Lara Schwarz, Melissa Joneck, Saphira Koppe) zeichnen ein beeindruckendes Bild des Dr. B. ab. Es entsteht mit großer Hingabe und Energie das Porträt eines vom Spiel Besessenen. Schließlich tritt Dr. B. auf dem Passagierschiff gegen den Weltmeister an und entscheidet das Spiel überraschend zu seinen Gunsten. Czentovic fordert Revanche. Das Rückspiel zwischen Dr. B. und dem Schachgenie wird zu einer nervenaufreibenden Machtprobe. Der Weltmeister verzögert seine Züge absichtlich, weil er merkt, dass dies seinen Gegner nervös macht. Jonathan Doepelheuer brilliert dabei als arrogante Schachikone – kühl berechnend, eine Figur, die die Unruhe ihres Gegners gekonnt zu ihrem Vorteil nutzt. Dr. B. kann schließlich nicht mehr zwischen dem realen Spiel und einer Partie aus dem Buch, die er noch immer im Kopf hat, unterscheiden. Er steigert sich in eine Raserei hinein. Der künstlerische Höhepunkt ist eine schachspielartige Choreographie auf der Bühne, die buchstäblich zum martialischen Kampf zwischen Schwarz und Weiß ausartet. Die musikalische Untermalung und die präzise Lichttechnik (Lukas Barton, Lars Malyga, Elias Pranschke), einschließlich der Schattenwürfe auf den Mienen, unterstreichen die emotionale Dramaturgie des Stücks. Ein wahrhaftes Schauspiel von Licht und Schatten. Eine kraftvolle und mitreißende Inszenierung unter der Leitung von Dr. Johannes Möhler, die das Publikum zu Beifallsstürmen hingerissen hat und eindrucksvoll demonstriert, dass Schultheater große Themen auf die Bühne bringen kann. Text: Ingrid Bentivoglio Foto: Dr. Johannes Möhler

Theater – Ausgewählte Produktionen der vergangenen Jahre: 

2023/24: Die Schachnovelle (nach S. Zweig, Oberstufe, Leitung: J. Möhler) Das Weihnachtsdebakel (Eigenproduktion, Theaterklasse, Leitung: I. Wittkopp)Spiel mit dem Hunger (nach S. Collins, Mittelstufe, Leitung: J. Möhler) 2022/23:Der Sandmann (nach E.T.A. Hoffmann, Oberstufe, Leitung: J. Möhler; eingeladen zu den Theatertagen der Bayerischen Gymnasien in Kaufbeuren) Déjà-vu (Eigenproduktion, Unterstufe, Leitung: J. MöhlerDas Elixier (Mittelstufe, Leitung: I. Koch) 2021/22:Momo (nach M. Ende, Theaterklasse, Leitung: J. Möhler) Breakout (Eigenproduktion, Unterstufe, Leitung: S. Grießhaber) So lonely (nach P. Nilsson, Oberstufe, Leitung: J. Möhler) 2020/21:          Was ist wahr? (nach D. Lehane, Oberstufe, Leitung: J. Möhler) 2019/20:Hirsch Heinrich (Eigenproduktion, Theaterklasse, Leitung: S. Lessing) 2018/19:Panama (nach Janosch, P-Seminar, Leitung: J. Möhler) Profile – es könnte jeder sein (Eigenproduktion, Oberstufe, Leitung: J. Möhler)Die Odyssee (nach Homer, Theaterklasse, Leitung: H. Krüger) 2017/18:Alles Gute kommt von unten (nach J. Till, Theaterklasse, Leitung: J. Möhler) Radio Charlot (nach D. Paquet, Oberstufe, Leitung: J. Möhler)Not my fault (nach K. Schwitters, Mittelstufe, Leitung: S. Hitzler) 2016/17:Romeo und Julia (nach Shakespeare, Unterstufe, Leitung: S. HitzlerInsane (nach H. Schmidt, Mittelstufe, Leitung: J. Möhler) Infernale (nach Dante Alighieri, Oberstufe, Leitung: J. Möhler und H. Krüger; eingeladen zu den Theatertagen der Bayerischen Gymnasien in Bamberg) 2015/16:Silber (nach K. Gier, Mittelstufe, Leitung: J. Möhler)Zeitwaisen (Eigenproduktion, Unterstufe, Leitung: J. Möhler)Vorurteilt (Eigenproduktion, Oberstufe, Leitung: J. Möhler und H. Krüger) 2014/15:Stecht das Tier (nach W. Golding, Oberstufe, Leitung: J. Möhler und H. Krüger) 2013/14:Verschollen (Eigenproduktion, Unterstufe, Leitung: J. Möhler)   Freiheit und Ermordung der Revolution (nach P. Weiss, Oberstufe, Leitung: J. Möhler und H. Krüger)      2012/13:Wünsch dir was (nach J. Arjouni, Oberstufe, Leitung: J. Möhler; eingeladen zu den Theatertagen der Bayerischen Gymnasien in Regensburg)